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 Echte Gefühle und wie sie beschrieben werden können.

Gefühle und Soziologie - eine komplizierte Verbindung

Die Soziologie interessierte sich zunächst kaum für Gefühle, es sei denn für das menschliche Mitgefühl, das in der Soziologie gelegentlich mit „Liebe“ gleichgesetzt wird.

Mittlerweile hat die Soziologie ein Modell entwickelt, das auf vier Komponenten beruht: Persönlichkeit, Organismus (Körper), Sozialstruktur (unter anderem Machtverhältnisse) und Kultur.

Man versucht dabei, einen Zusammenhang zwischen den vier Teilen herzustellen. Das Online-Lexikon Wikipedia (1) will wissen:

Keines der Systeme allein reicht als Bedingung für die Entstehung von Emotionen aus. Um festzustellen, ob dieses Modell Gültigkeit besitzt, muss es mit der sozialen Wirklichkeit konfrontiert werden, d. h. es sind Beispiele zu finden, die aufzeigen, dass dieses Modell sinnvoll ist.

Generell sieht man in dieser Forschungsrichtung Emotionen als „Bindeglieder“ zwischen den Handelnden selbst und der kulturellen und gesellschaftlichen Situation, in der sie dies tun. Das ist an sich keine ungewöhnliche Betrachtungsweise, denn wo sonst sollen die Handelnden ihre Emotionen entwickeln?

Es fehlte nicht an Versuchen, diese Art der soziologischen Forschung zu erläutern, doch ist oft nur schwer zu erkennen, was eigentlich mit den Worten und Sätzen gemeint ist.

Am einfachsten macht es uns noch der Deutschlandfunk (2), hilfreich mag auch noch dieser Beitrag sein, der auf verschiedenen Webseiten im Internet veröffentlicht wurde, zum Beispiel hier (3).

(1) Wikipedia (deutsch) englisch (abweichend)
(2) Emotionssoziologie https://www.deutschlandfunk.de/emotionssoziologie-die-entdeckung-der-gefuehle-100.html
(3) Uni Hamburg


Dies ist ein Beitrag aus der Artikelserie „Fühlen ist ein merkwürdiges Gefühl“. Du befindest dich im zweiten Teil, in dem erklärt wird, wer sich mit Gefühlen beschäftigt und was die betreffende Wissenschaft oder Denkschule dazu zu sagen weiß.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.

Die Schwierigkeit, die Liebe zu beschreiben

Das Machtspiel mit den Wörtern und Begriffen
Die Schwierigkeit, die Liebe zu beschreiben handelt davon, wie kompliziert es ist, den Begriff „Liebe“ endgültig zu definieren. Gemeint ist das Wort an sich, das viele unterschiedliche Bedeutungen hat, dann aber vor allem „das Gefühl, zu lieben“. Mein Beitrag befasst sich also mit dem, was „wir“ mit Liebe meinen könnten. Darüber hinaus gilt Alices Einwand für alle Wissenschaften, die versuchen, Gefühle zu etikettieren

Was verbindet nahezu alle Betrachtungen über die Liebe? Und in was sind sie unterschiedlich?

Lassen Sie mich einen Ausflug mit Ihnen machen – zu Alice, diesem hintergründigen Kinderbuch des Mathematikers Charles Lutwidge Dodgson, der sich Lewis Carroll nannte. Es ist die Begegnungen mit Humpty Dumpty, die von Wissenschaftskritikern oft zitiert wird. Ich nennen ihn „Alices Einwand“.

Alices Einwand (Zitat nach der deutschen Übersetzung)

„Wenn ich ein Wort verwende“, erwiderte Humpty Dumpty …, „dann bedeutet es genau, was ich es bedeuten lasse, und nichts anderes.“
„Die Frage ist doch“, sagte Alice, „ob du den Worten einfach so viele verschiedene Bedeutungen geben kannst“.
„Die Frage ist“, sagte Humpty Dumpty, „wer die Macht hat – und das ist alles.

Wissenschaftler tun genau dies: Sie geben einem an sich bekannten Wort, in diesem Fall Liebe, eine Bedeutung nach ihrem Geschmack und erwarten, dass ihnen alle anderen folgen. Alices berühmt gewordener Einwand wird bewusst überhört – er könnte ja zu Zweifeln führen. Geblieben ist Humpty Dumptys arrogante Feststellung: „Wir haben die Macht – wir können alles so nennen, wie wir wollen“.

Wo wir Gemeinsamkeiten finden, wenn wir von Liebe reden

Trotz dieses Einwands können wir gewisse Gemeinsamkeiten an den Auffassungen über die Liebe erkennen, wenn wir von Philosophen, Soziologen, Moralaposteln und Religionsfanatikern einmal absehen:

1. Liebe ist eine verführerische Urkraft, und ihre Wurzel ist die Sexualität.
2. Im weiteren Sinne ist Liebe eine Symbiose aus unterschiedlichen Gefühlen, die alle auf Verschmelzung zweier Menschen ausgerichtet sind.
3. Diese Liebeskultur kann beobachtet und relativ grob beschrieben werden – die Liebe kann aber nicht auf eine Sichtweise reduziert werden.


Tatsächlich liegen all diese Betrachtungen mit unterschiedlichen Schwergewichten auf den Zweierbeziehungen, die auch geschlechtlicher Natur sind. Die Liebe als übergeordnete Kraft interessiert dabei kaum. Wir müssen aber damit leben, dass auch ganz andere Formen der gegenseitigen oder auch einseitigen Zuneigungen als „Liebe“ bezeichnet werden. Ferner müssen wir uns vergegenwärtigen, dass ständig versucht wird, den „edleren“ Teil der Liebe zu idealisieren und zu isolieren. So entstehen Gedanken über die „reine Liebe“ oder die „wahre Liebe“ zum anderen Geschlecht, die allesamt jeder Grundlage entbehren. Wer dies dennoch tut, entfernt sich mit jedem Schritt, den er in Richtung „Reinheit“ oder „reiner Wahrheit“ geht ein wenig von der gelebten Realität. Ähnliche Phänomene erleben wir in der Forschung: Je mehr ein Wissenschaftler über ein biologisches, chemisches oder psychologisches Phänomen weiß, umso weniger kann er ermessenen, wie er sich auf die alltägliche, von Menschen gelebte „Liebe“ auswirkt.

Kommen wir zurück zu Humpty Dumpty und der jungen Alice. Wenn wir Alices Einwand ernst nehmen (und das sollten wir), dann ergibt sich darauf eine etwas eigenartige, aber durchaus logische Schlussfolgerung.

Die Folgerungen aus Alices Einwand für die Liebe

1. Wir selbst (als Person) müssen dem Wort „Liebe“ eine Bedeutung geben – niemand anders kann es für uns tun.
2. „Liebe“ entsteht einerseits als ein Gefühl in einem Menschen, darüber hinaus aber auch als verbindendes Gefühl zweier Menschen. Wir können als Paar versuchen, auch das „Wir“ unserer Liebe zu definieren.
3. Wir können, wenn wir mögen, über unsere Liebe sprechen oder schreiben. Je mehr verlässliche Quellen bestehen, umso sicherer entsteht (nach dem Modell von Paul Watzlawick) daraus die Wirklichkeit der Liebe. Zumindest für unsere Zeit und den Kulturkreis, in dem wir uns bewegen.

Man kann die mit anderen Worten sagen: „Hören sie auf die Gefühle, nicht auf die Parolen.“ Niemand darf behaupten: „Liebe ist dies oder jenes“. Diese Etikettierung ist ein Übergriff, um die Hoheit über einen Begriff sicherzustellen. Dazu sagt man auch „Definitionsmacht“. Leider beteiligen sich nicht nur Moralisten und andere Ideologen daran, sondern auch Menschen, die in Forschung und Lehre tätig sind.

Um nicht missverstanden zu werden: Jeder darf sagen, was für ihn Liebe ist – denn auf der anderen Seite darf jeder sagen: „Liebe ist für mich (für uns beide …) dies oder jenes.“ Es ist gut, zu wissen, was für andere Liebe ist, denn nur so erfahren wir, was andere Menschen darüber denken.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.

Gefühle – analog und digital

Gefühle - analog und digital - die Umsetzung
In dieser Artikelserie schreibe ich ständig von Gefühlen, die "analog" in unserem Gehirn entstehen und dort auch so abgespeichert werden. Das Gegenteil davon wären „digitale“ Gefühlen, also Gefühle, die wir in Worte und Sätze fassen können und die auf diese Weise auch beschrieben werden können.

„Analoge“ Gefühle sind alle Eindrücke, die wir als Gefühle empfinden können, die wir aber (noch) nicht beschreiben können.

Wenn wir diesem „Eindruck“ einen Ausdruck geben wollen, haben Menschen mehrere Möglichkeiten. Eine davon ist, sie zu beschreiben. Wenn wir das tun, dann setzen wir sie in Zeichen, in diesem Fall in Worte. Das nennt man dann „digital“.

Gefühle analog zu digital umsetzen im Alltag

Die Umsetzung von analogen Gefühlen in Worte ist ausgesprochen schwer. Das betrifft unter den Erwachsenen vor allem Schriftsteller, Patienten der Ärzte sowie Klienten der Psychologen und Berater. Besonders schwierig wird es, wenn das Thema „Gefühle“ oder ein Bereich solcher Gefühle an Grenzen stößt. Das ist oft der Fall, wenn von Gefühlen die Rede ist, über die wir ungern reden oder die als Tabu gelten.

Einfache Unterschiede im Gespräch

Übrigens wird „analog“ oft falsch erklärt. Man kann einen rein „analogen“ Prozess als „stufenlos“ beschreiben. Das bedeutet aber auch, dass alles immer im Fluss ist – so wie die Gefühle. Deshalb versuchen wir, sie zu digitalisieren. „Ich sag dir, welche Gefühle mich jetzt bewegen“ ist digital. „Ich fühle etwas für dich“ ist eine Umschreibung für den Austausch anlaloger Gefühle.

Theorie in der Kommunikation

In der Kommunikation sagt man oft, dass wir „nonverbal“ kommunizieren – das ist analog, weil wir dann eine nicht genau beschreibbare Sprache aus Gestik und Mimik verwenden. „Verbale“ Kommunikation heißt im Gegensatz dazu: Kommunikation durch Worte und Sätze.

In diesem Zusammenhang sollten wir noch einen Blick auf den Unterschied zwischen „inneren“ und „äußeren“ Gefühlen werfen.

Wenn ihr euch dafür, interessiert, wie es funktioniert, Gefühle zu klären und in verständliche Sätze zu verwandeln, dann könnt ihr im Anhang noch mehr darüber lesen.

Falls ihr nur bis hierher gelesen habt: Wenn du wissen willst, welche Ideen wir zu den Gefühlen haben, dann kannst du das in unserem Artikel "Fühlen ist ein wundersames Gefühl" lesen. Darin steht auch, warum wir diesen eigenartigen Titel für die gesamte Serie gewählt haben.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.
"Gefühle – analog und digital" vollständig lesen

Gefühle beschreiben, verstehen und teilen

Gefühle zu benennen, ist einfacher als Gefühle zu beschreiben. Aber erst, wenn du Gefühle beschreiben kannst, werden sie dir wirklich bewusst - und auch den Menschen, mit denen du sie gerne teilen möchtest. Dieser Artikel bietet einen Ansatz.

Etwas fällt sofort auf, wenn man sich mit Gefühlen beschäftigt: In der Wissenschaft wird ein unscharfer Begriff oft mit einem anderen erklärt, der ebenso unscharf ist. Das klingt dann so, als hätte man in einem Wörterbuch gesucht, um ein anderes Wort für das betreffende Gefühl zu finden. Ein Wort soll also ein anderes erklären.

Am Ende kommt man dann auf Ähnlichkeiten, bleibt aber weiterhin an Wörtern hängen. Und so, wie das Wort „Tisch“ nicht aussagt, wozu er dient, sagt das Wort „Angst“ nicht aus, wie sie sich anfühlt. Man ist also wieder da angekommen, wo man begonnen hat.

Das alles liegt nicht an der „Unfähigkeit der Wissenschaft“. Es liegt daran, dass sich Gefühle der exakten Definition sehr erfolgreich widersetzen, weil sie so unterschiedlich empfunden werden.

Gefühle verstehen und hilfreich sein

Am Anfang habe ich geschrieben, dass Gefühle im Gehirn weitgehend analog stehen, also ohne feste Struktur. Und nun kommt die entscheidende Frage: Muss das so blieben? Kann man das gar nicht ändern?

Oh doch, wir können es ändern. Aber es funktioniert nicht auf ein „Fingerschnippen“ hin und schon gar nicht mit „großen Worten“. Im Grunde gibt es nur zwei Möglichkeiten:

1. Wir bleiben bei „analog“ und tauschen auf diese Art Gefühle aus. Wir trösten einander, umarmen einander, finden gemeinsame verbrachte Zeit einfach „schön“ oder lenken einander ab. Das hilft oft, weil manche Menschen auf keinen Fall darüber reden wollen, sondern nur Trost suchen.
2. Wir greifen auf den Trick der „Digitalisierung“ zurück, das heißt, wir versuchen, genau zu beschreiben, wie wir uns fühlen. Mit etwas Glück hilft dies nachhaltig, um unsere Gefühle zu verstehen oder verständlich zu machen.

Gefühle zur Sprache bringen

Nehmen wir einmal an, eine Freundin oder ein Freund käme zu dir und würde sagen:

„In letzter Zeit fühle ich mich immer so ängstlich!“

Nimm mal an, sie bedeutet dir etwas. Was sagst du dann?

„Angst ist eine der häufigsten Gefühle, das haben viele!“
„Angst gehört zu den Grundkategorien der Gefühle, das ist normal!“


Wahrscheinlich nicht. Es reicht auch nicht, im psychologischen Lexikon nachzulesen, was „Angst“ ist. Denn dann weißt du immer noch nicht, unter welchen Gefühlen die Person leidet, die vor dir sitzt.

Wesentlich sinnvoller sind folgende Fragen:

„Wie macht sich das bemerkbar?“
„In welchen Situationen hast du das Gefühl?“
Schon besser. Aber warum fragst du nicht einfach:
„Wie erlebst du dieses Gefühl?“


Die Frage „wie wirkt sich dieses Gefühl aus?“ ist immer die sicherste Frage, wenn du mehr erfahren willst.

Manche Menschen, überwiegend psychologisch vorgebildete Menschen, fragen gerne: „Was könnte schlimmstenfalls passieren, wenn du…?

Nun sind nicht alle Gefühle einfach aufzulösen und nicht alle Menschen sind in der Lage, sie auf diese Weise zu beschreiben. Aber es ist ein Ansatz.

Wenn du mit einem Freund oder einer Freundin Gespräche über Gefühle führen willst, dann achte darauf, dass derjenige, der die Gefühle hat, sie ausführlich beschreiben kann. Es geht nicht darum, dem Gefühl einen Namen zu gebe, sondern es beschreiben zu können. Zudem sollte der Berater überwiegend Fragen stellen und zuhören.

Gefühle können von Außen und von Innen kommen

Im täglichen Umgang miteinander benutzen wir das Wort „Gefühl“ oft in einem ganz anderen Sinne als die Wissenschaftler. Denn im Grunde ist für die Gefühle im engeren Sinne ein Auslöser nötig. Vereinfacht: Taucht der Säbelzahntiger am Horizont auf, wurden bei unseren Vorfahren Fluchtreflexe ausgelöst, möglicherweise auch Ängste. Ebenso ergeht es uns bei der Annäherung einer attraktiven Person: Sie kann den Impuls auslösen, sich ihr zu nähern, aber auch sie sexuell zu begehren. Da sind allerdings schon recht komplizierte Vorgänge, denn die Grundlagen des „Fühlens“ sind die Sensoren.

Tatsächlich werden die meisten Gefühle durch einen äußeren Impuls („Trigger“) ausgelöst, also ein Eindruck, den wir durch unsere Sinne wahrnehmen. Beim Menschen ist es zumeist das Sehen, aber es kann sich auch um etwas handeln, das wir ertasten, riechen, hören oder schmecken.

Das Modell der Gefühle - was, wenn Gefühl von Innen kommen?

Ganz zu Anfang habe ich das „Blackbox Modell“ benutzt, um zu demonstrieren, wie wir Gefühle wahrnehmen können. Bei Menschen und möglicherweise auch bei anderen Lebewesen ist das allerdings nicht der einzige Weg, Gefühle zu erzeugen. Sie können auch ohne besonderen Anlass „aus dem Inneren“ kommen – und dann wird die Sache komplizierter. Ein Teil solcher Gefühle ist höchst willkommen, beispielsweise die Lust oder die Freude, ein anderer Teil ist nicht so erfreulich. Das könnte eine plötzliche Furcht oder ein aufkommender Zorn sein. Manche Gefühle, die in uns wohnen, nehmen wir als „gemischt“ oder gar „gegensätzlich“ wahr. Das ist bei Herausforderungen oft der Fall, aber auch bei sexuellen Handlungen.

Wie wir damit umgehen? Die meisten Fachleute raten dazu, solche Gefühle zuzulassen und sie nicht zu bewerten. Nur, wenn sie uns häufig stören, oder gar darunter leiden, werden Experten gebraucht, die uns beraten können.

Dies ist ein Beitrag aus der Artikelserie „Fühlen ist ein merkwürdiges Gefühl“ aus dem vierten Teil der Serie, in dem wir auf Möglichkeiten der Kommunikation von Gefühlen eingehen, also darüber, wie man über Gefühle schreiben oder reden kann. Zudem enthält dieser Teil Alltagstipps.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.