Skip to content
 Echte Gefühle und wie sie beschrieben werden können.

Gefühle beschreiben mit „Show, don’t tell“

Schreiben - gefühlvoll und bildhaft
Gefühle beschreiben mit „Show, don’t tell“ ist ein erster Ansatz, um ein einzelnes Gefühl auf moderne Art zu beschreiben. Hier findet ihr eine Methode, wie ihr vorgehen könnt.

Gefühle nachvollziehbar machen mit „Show, don’t tell“

Die Idee hinter „Show, don’t tell“ besteht darin, dass sich deine Leser/innen ganz oder zumindest teilweise mit deiner Figur identifizieren. Das kann heißen, dass sie heimlich wünschen, so sein zu können wie deine Figur oder dass sie es auf keinen Fall wollen, aber emotional sehr am Geschehen teilnehmen. Die Erfinder dieser Schreibtechnik arbeiten damit, ihren Lesern und Leserinnen ein „Erlebnis“ zu bieten statt einer Beschreibung.

Fünf Beispiele für das Gefühl „Wut“ mögen das zeigen:

1. Sie fühlte eine Wut in sich aufsteigen.
2. Wut stieg in ihr auf.
3. Sie schäumte vor Wut.
4. Sie wurde plötzlich wütend, und ihr Gesicht verzog sich innerhalb von Sekunden. „Ich will nichts mehr davon hören“, sagte sie und knallte die Tür hinter sich zu.
5. Sie schrie ihn an: „Hör zu, du lästige Ratte – ein für alle Mal – ich will nicht, dass du mir ständig deine Scheißthemen aufdrängst. Ich gehe jetzt durch diese Tür und erwarte nicht, dass ich sie freiwillig jemals wieder öffne.“


Was bedeuten die Beispiele?

Nummer eins enthält „Ich fühle ein Gefühl“. Das ist wirklich schlecht, weil „Wut“ schon ein Gefühl ist.

Nummer zwei setzt voraus, dass alle Menschen „Wut“ gleich empfinden. Etwas besser als in (1), aber noch sehr ungenau, weil der „Aufstieg der Wut“ das Gefühl nicht ausreichend beschreibt.

Nummer drei ist ein vielfach verwendetes Klischee, zwar bildhaft, aber abgenutzt. Hast du schon einmal „vor Wut geschäumt?“
Nummer vier ist gut – es enthält das Wort „Wut“ zwar noch, zeigt aber deutlich, dass jemand wütend ist – das „Knallen der Tür“ spricht für sich selbst.

In Nummer fünf kommt das Wort „Wut“ gar nicht mehr vor. Alleine die drastische Sprache zeigt, wie wütend deine Heldin ist.

Solche Beispiele lassen sich für alle Gefühle finden. Je schwieriger das Gefühl zu beschreiben ist (zum Beispiel bei gemischten Gefühlen), umso wichtiger wird die bildhafte Art, diese glaubwürdig und nachvollziehbar auf deine Leser(innen) zu übertragen.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.

Bild: Albert Edelfelt, finnischer Maler - 1887

Fühlen und Worte - ist es nötig, Gefühle verständlich zu beschreiben?

Am Anfang war nicht das Wort - jedenfalls nicht in der menschlichen Entwicklungsgeschichte. Erst nach und nach erlernten unsere Vorfahren, etwas zu benennen - vorher haben sie es bestenfalls gezeichnet. Als Ursprung der Sprache gilt zumeist die Frage nach gemeinsamen Aktivitäten, besonders der Jagd in Gruppen.

Mit „Wörtern“ bezeichnete man zunächst Dinge, aber auch Aktivitäten und Naturphänomene. Wörter auf abstrakte Begriffe wie das „Fühlen“ anzuwenden, ist relativ neu. Seit wir Forschen, haben wird die Neigung entwickelt, jeden beliebigen Zustand mit einem Wort zu belegen. Ist ein Wort gefunden, so wird es schnell zum Etikett, das auch sinnfrei verwendet werden kann.

Die Etikettierung erweist sich bei Gefühlen als Problem, den bei ihnen ist nicht die Frage, was sie sind, sondern wie sie empfunden werden. Deshalb nennt man „Gefühle in Bewegung“ auch „Emotionen“.

Das alles wissen die Forschenden in den Geisteswissenschaften natürlich auch. Sie fragen sich beispielsweise, ob Gefühle überhaupt sprachliche Fähigkeiten voraussetzen, etwa in diesem Text:

In einer biologischen Perspektive werden Gefühle zumeist als ein beobachtbares, in der Regel vererbtes Reaktionsmuster angesehen, das durch Ereignisse in der Umwelt bzw. durch bestimmte Reize ausgelöst wird. Tiere, die ihr Leben in einem Reich jenseits der Sprache fristen, und Kinder, die noch keine sprachlichen Fähigkeiten im vollumfänglichen Sinne besitzen, haben Gefühle; vielleicht nicht in demselben Grad von Differenziertheit wie erwachsene Menschen, aber entscheidend ist, dass sie Gefühle haben bzw. haben können. Dass Gefühle sprachliche Fähigkeiten voraussetzen oder sie in irgendeinem Sinne mit Begriffen zusammenhängen, scheint zunächst einmal eine abwegige These zu sein.

Die Frage, die sich der Autor stellt, ist: Benötigen wir eigentlich Worte, wenn wir Gefühle beschreiben wollen?

Gefühle, Wörter und Sätze

Diese Frage sollte man grundsätzlich nicht an einen Philosophen richten. Vielmehr sollte man Fachleute für menschliche Kommunikation befragen, denn ein Grundsatz wäre: Wenn wir Gefühle durch Worte übertragen wollen, dann muss die Person „A“ annähernd den gleichen Zeichenvorrat haben wie die Person „B“. Einfacher ausgedrückt: Ein Wort wie „Wut“ oder „Lust“ müsste für beide die gleiche Bedeutung haben. Wer nun sagt „na klar doch!“ der hat nicht bedacht, warum wir Gefühle kommunizieren, also „miteinander teilen“ wollen. Denn wenn wir es tun, wollen wir etwas klären. Was heißt, dass uns das Wort eben in dem Zusammenhang, indem wir es gerade benutzen, nicht ausreicht.

Er: „Ich bin manchmal etwas wütend auf dich!“
Sie: „Das ist aber keine gute Eigenschaft von dir“


Solch ein Dialog ist völlig sinnfrei. Das Gefühl wird genannt, aber es kann nicht vermittelt werden.

Verändern wird den Dialog doch mal ein wenig:

Er: „Ich bin manchmal etwas wütend auf dich!“
Sie: „Du, das habe ich gar nicht bemerkt. In welcher Situation war denn das?“
Er: „Wenn du mich vor meinen Freunden bloßstellst, und das kommt ziemlich oft vor.“
Sie: Aber - ich habe dich nie wütend werden sehen, wenn wir mit Freunden zusammen waren …“


Ich verlass das Ehepaar nun und stelle nur fest: „Aha, da gibt es offensichtlich Klärungsbedarf.“ Die Wut wurde nie sichtbar, und dennoch empfindet der Mann sie – die Frau hingegen hat die Wut nicht einmal wahrgenommen.

Das kleine Beispiel (eines von vielen ähnlichen Bespielen) mag zeigen, dass ein Wort allein weder ein Basisgefühl noch eine Emotion beschreibt. Deswegen rate ich euch, im Alltag möglichst gar keine Etiketten zu benutzen, sondern zu erklären, „was mit euch los ist“.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.

Zitat und weitere Informationen aus degruyter.