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 Echte Gefühle und wie sie beschrieben werden können.

Emotionale Verfügbarkeit - ein Unwort, wenn ihr ein Paar werden wollt

Emotionen, Schönheit, Sex - alles "verfügbar"?
Der Begriff „emotionale Verfügbarkeit“ ist, ebenso wie das Gegenteil, die „emotionale Nichtverfügbarkeit“, eine grobe Verallgemeinerung. Sie hat in der Psychologie ihren Platz, wenn von Kindern die Rede ist, deren Eltern „gefühlsmäßig“ für sie „nicht erreichbar sind.“

Emotionale Verfügbarkeit


Was der Begriff „emotionale Verfügbarkeit wirklich bedeutet

Was die Beziehungen Erwachsener zueinander angeht, so ist folgender Satz gleichfalls richtig (1):

Emotionale Nichtverfügbarkeit beschreibt die Unfähigkeit, emotionale Bindungen in Beziehungen aufrechtzuerhalten. Da es schwierig ist, eine gesunde Beziehung ohne eine emotionale Verbindung zu führen, neigen solche Menschen dazu, Beziehungen als Herausforderung zu empfinden.

Setzt man statt „verfügbar“ nun „bereit“ ein, so ergib sich:

Wer nicht bereit ist, sich auf emotionale Bindungen einzulassen, empfindet Beziehungen oft als Aufgaben, die für ihn schwer zu bewältigen sind. (2)

Einfache Sätze zeigen uns die Wahrheit hinter "emotionale Verfügbarkeit"

Wenn wir den zuvor geschriebenen Satz in beide Richtungen ergänzen, umkehren würde dies heißen:

Wenn jemand in einer Beziehung bestimmte Gefühle zeigt, empfindet, sendet oder empfängt, dann wird diese Person dadurch bereichert. Wem dies jedoch nicht gelingt, der sieht die Beziehung überwiegend als Schwierigkeit an.

Wir könnten natürlich auch sagen: Wenn in einer Beziehung keine Gefühle füreinander aufkommen, dann ist es keine Beziehung.

Jedenfalls sind wir jetzt auf der richtigen Spur.

Es gibt keine emotionale Verfügbarkeit

Nun werden sich manche wundern – warum gibt es etwas nicht, was angeblich „in aller Munde“ ist?

Ganz einfach: Weil „Verfügbar“ bedeutet, dass etwas vorhanden ist, was andere Nutzen können – und zwar so, dass jederzeit Zugriff darauf besteht. Die Barriere für den Zugriff ist stets der Preis – also das, was wir im Tausch dafür bezahlen müssen. In der Liebe wäre es beispielsweise eine gleiche oder ähnliche Zuneigung. Das bedeutet nun aber, dass Gefühle eben nicht verfügbar sind, sondern erworben werden – und zugänglich sind sie nur, wenn man den „Preis“ bezahlt, der dafür üblich ist.

Kein Recht auf den Zugriff zu den Gefühlen anderer

Es gibt also kein Recht auf den „Zugriff“ – und das weiß wirklich jede Frau und jeder Mann. Dabei ist sehr merkwürdig, dass bei Emotionen die Worte „Zugriff“ oder „Verfügbarkeit prüfen“ positiv gesehen werden. Würde es um sexuelle Handlungen gehen, so wäre „sexuelle Verfügbarkeit prüfen“ ein absolutes Unwort. Wenn Frau oder Mann bereit sind, Gefühle oder Sex zu schenken, dann ist das ihre eigene Entscheidung. Es ist keinesfalls eine Frage der Verfügbarkeit.

Die Damen und Herren, sie sich als Psychologen oder Soziologen verstehen, sollten das wissen – und das ist meist auch der Fall. Doch es scheint zumindest so, als ob einige Personen aus dem esoterischen Umfeld dem missverständlichen Begriff „emotionale (Nicht)Verfügbarkeit“ benutzen, um ihre Lehren als „Wissenschaft“ zu deklarieren.

Wir haben uns bei diesem Artikel bemüht, alles in verständlichem Deutsch zu schreiben. Er enthält allerdings Zitate aus einem Fachbereich oder nutzt ein entsprechendes Vokabular und wendet sich vor allem an Leserinnen und Leser, die ihr Wissen vertiefen wollen. Der Beitrag enthält Meinungen, die möglicherweise von offiziellen Lehrmeinungen abweichen.

(1) Quelle des Zitats: Healthline
(2) Als „Emotionen“ bezeichnet man den sichtbaren (erkennbaren) Anteil der Gefühle.

Persönlichkeit, Gefühle und Sinn bei der Partnersuche - ein Ratgeber

Ungleich sein ist ein Prinzip des Menschseins

Ungleich, also unterschiedlich zu sein, ist ein Prinzip des Menschseins und einer der Meilensteine der Evolution. Wer von Gleichheit spricht, unterschätzt, wie viele Aspekte die Persönlichkeit eines Menschen im Alltag umfasst. Das hat nichts mit den Begriffen „Heterogamie“ oder „Homogamie“ zu tun, sondern ist einfach eine Tatsache.

Sehen wir uns aktuelle Beziehungen an, so erfahren wird dies:

Eine Beziehung kann durch, trotz oder völlig unabhängig von Gleichheiten oder Verschiedenheiten gelingen. Wichtig ist allein, die Unterschiede einerseits und die Gleichheiten andererseits zu kennen und damit umgehen zu können.


Kommen wir nun zum „Eingemachten“. Was kannst du 2024 und in den folgenden Jahren tun, um eine liebevolle und sinnreiche Beziehung aufzubauen, in der auch die Gefühle „zusammenpassen“? Ich habe sieben Punkte gefunden, die im Grund zu allen Zeiten galten.

Sieben moderne Regeln für zukünftige Paare

1. Der beste Rat, den ich allen geben kann: Sucht euch Partner(innen), die euch ergänzen. Also weder solche, die angeblich gleich sind noch solche, die gegensätzlich sind.
2. Toleranz hilft. Menschen sind nie absolut gleich noch sind sie absolut gegensätzlich. Die meisten liegen irgendwie im „Mittelfeld“ – und dort gibt es noch genug Menschen, die Partner(innen) suchen.
3. Der „Markt“ ist niemals ausgewogen, sondern hat manchmal ein Überangebot, manchmal einen Mangel an ähnlichen Partnern/Partnerinnen. Zumeist gibt es aber Menschen, die sich dennoch verlieben wollen, auch unter dem Aspekt, Kompromisse einzugehen. Wer dies versucht, gewinnt in der Regel.
4. Angesichts der neuen Lehren von der Persönlichkeit gehen wir von sogenannten „Interaktionspersönlichkeiten“ aus. Das heißt, du nimmst eine bestimmte Persönlichkeit in Liebe und Ehe ein, die du niemand anderem zeigst als deiner Partnerin oder deinem Partner. Dabei gleichen sich beide an.
5. Durch dieses „Angleichen“ entwickelt sich auch ein „Wir“, das es in dieser Form nur zwischen dir und deinem Partner / deiner Partnerin gibt.
6. Der Anpassungsprozess betrifft jeden und jede, der/die sich auf eine Beziehung einlässt. Bindung setzt „sich einzulassen“ voraus.
7. In anderen Formen der Beziehung (zum Beispiel im Beruf) kannst du durchaus eine abweichende Persönlichkeit darstellen.

Mit großer Wahrscheinlichkeit beruhen nahezu alle Ehen, die lange halten und glücklich sind, darauf, einander zu ergänzen. Wer mag, kann dies als eine Win-win-Situation bezeichnen.

Warum wir nicht alle glücklich werden

Das sogenannte Online-Dating hat dazu geführt, dass Neigungsehen (Liebesheiraten) wieder etwas abgewertet wurden. Die zur Partnersuche verwendeten Algorithmen führten dazu, dass immer mehr Personen mit ähnlichem wirtschaftlichem und bildungsbezogenem Hintergrund zusammenkamen. Das gilt zwar als wichtiger Vorteil, bietet aber keine Garantie für Übereinstimmungen.

Geld- und Bildungseliten im Zwielicht

Zudem ist es aus gesellschaftspolitischer Sicht fragwürdig: Wir bilden durch solche Verfahren angebliche Eliten, die wieder neue Schichtmodelle darstellen. Dadurch wird die Gesellschaft allerdings weniger „durchmischt“, was bedeutet, dass letztlich Gruppen von enttäuschten Personen entstehen, die keine Partner(innen) finden. In der gegenwärtigen deutschen Gesellschaft (2024) sind es die besonders gut ausgebildete Frauen und besonders schlecht ausgebildete Männer.

Wie du dennoch glücklich wirst

Von der Gesellschaft zurück zu den Einzelpersonen. Wenn zwei Menschen in ihrem „Lebenshintergrund“ übereinstimmen, ist schon viel gewonnen. Das Leben auf einem Bauernhof ist anders als das in einer städtischen Villa, das in einer Sozialwohnung anders als das in einem Eigenheim. Der sogenannte „Stallgeruch“ lässt Menschen leichter zueinanderfinden. Durch Toleranz, Kompromissbereitschaft und Lernfähigkeit lassen sich solche Hürden allerdings überwinden. Das wieder heißt:

- Wenn du dich nicht anpassen, verändern, dazulernen oder anderweitig entwickeln willst, wird es für dich schwierig, den „wirklich“ passenden Partner zu finden. Und zwar, weil es davon zu wenige Exemplare gibt. „Gleichheit“ zu verlangen, ist also die schwierigste Suchmethode.
- Es ist ebenso unwahrscheinlich, einen völlig gegensätzlichen Menschen zu treffen und mit ihm glücklich zu werden.
- Ziemlich sicher ist hingegen, einen Menschen zu treffen, der dich ergänzt und den du ergänzen kannst. Wenn du dich auf Menschen konzentrierst, die einige gute Eigenschaften suchen, die du hast – und wenn du an deinem Gegenüber Eigenschaften entdeckst, die du gut gebrauchen kannst.
- Liebe, die sich langsam aus Begegnungen entwickelt, führt in der Regel zu einem umfassenderen Glück als ekstatische Verliebtheit.

Zurück zum Fühlen ...

Was das alles mit dem Fühlen zu tun hat? Im Grunde genommen hat alles nur mit dem Fühlen zu tun, was die Liebe betrifft. Die anderem Eigenschaften deinen dazu, den Alltag eines Paares möglichst problemlos zu gestalten.

Du willst über heftige Emotionen schreiben? So geht es ...

Was die Leserin liest und was sie dabei fühlt ...
Wie beginnst du, wenn du Gefühle beschreiben willst? Viele Leute benutzen heute Suchmaschinen, um die besten Wege zu finden. Doch was du bekommst, besteht aus einer Mischung aus Ernsthaftigkeit, Gedankenmüll, Werbung und geistlosen „Wortsammlungen“. Das heißt, du bekommst keine Lösungen, sondern du wirst erneut mit dem Problem konfrontiert, das du lösen willst.

Ein Gefühl beschreiben – geht das auch mit Fakten?

Wenn du Gefühle mit einem System als „Fakten“ beschreiben willst, ist dies durchaus möglich, für dein Publikum aber meist recht langweilig. Ich will trotzdem damit anfangen, denn nicht jeder von euch will einen tränenfeuchten Liebesroman schreiben. Und auch, wenn du systematisch vorgehst, kannst du Gefühle so ansprechen, dass deine Leser/innen oder Zuhörer/innen begeistert sind.

Hier ist das einfachste Modell, das aus drei Phasen besteht;

Schritt eins: WAS?

Um eine Emotion zu beschreiben, beginnst du damit, wie du sie nennst (also nicht, wie die Wissenschaft sie nennen würde).

Schritt zwei: WIE?

Der zweite Teil (der längste und wichtigste) beschäftigt sich damit, wie dich (oder deine Figur) dieses Gefühl bewegt. Der beste Tipp dazu ist, in Bildern zu schreiben. Das hat den Vorteil, dass die Leserinnen und Leser sich dann ihr eigenes Bild machen können. Wenn du „nur Worte zur Erklärung“ benutzt, schränkst du die Gedanken deiner Leser(innen) oder Zuhörer(innen) ein. Ein Kernsatz lautet: Sage nicht, was jemand über die Gefühle zu denken hat – gib ihm die Freiheit, sie nachzuvollziehen. Auf Englisch heißt das verkürzt: „Show, dont‘ tell”.

Schritt drei: Und das lief darauf hinaus oder bedeutete …

Dieser Teil interessiert sehr, denn Leser(innen) erwarten, dass aus dem, was du gerade beschrieben hast, irgendetwas folgt. Es kann der Beschluss sein, aufzugeben, noch einmal zu zögern, das Gefühl anders anzugehen oder einer anderen Person die Initiative zu überlassen. Wenn du deine eigenen Gefühle schilderst, kannst du auch schreiben: „Für mich ergab sich daraus…“

Die Gefühle in Aktion – Emotionen schildern.

Wie du gerade gelesen hast, ist das „Wie“ entscheidend für die Schilderung von Gefühlen. Leser(innen) sind gespannt drauf, was in den Figuren vorgeht, die du schilderst. Meistens sind Emotionen nicht „linear“. Es gibt also keine „glatte, problemlose Entwicklung“. Ob du in die Realität schaust oder einen „typischen“ Plot verwendest – immer gib es Höhen und Tiefen, Momente, in dem wir zögern und solche, in denen wir uns von Emotionen treiben lassen. Daraus erwächst die Spannung. Im Liebesroman beispielsweise (volkstümlich ausgedrückt): Kriegen sie sich oder kriegen sie sich nicht? In vielen Fällen ist die Frage auch: Was überwiegt - die Angst oder die Leidenschaft?

Nun? Du wirst bemerkt haben, dass du so etwas nicht mit Wörtern erklären kann – aber man kann es mit Sätzen beschreiben.

Was passiert mit dir, wenn du nachts nicht schlafen kannst und dich Ängste beschleichen? Kommen nachts um halb drei kleine graue Monster der Vergangenheit in dein Hirn gekrochen, die dich quälen? Wälzt du dich dabei im Bett und wartest du auf Bilder von blühenden Orchideen oder Kätzchen? Denkst du an das, was du anderen schuldig geblieben bist?

Es sind nur Gedanken. Du kannst völlig andere Gedanken haben. Sie müssen nicht „gut und edel“ sein – wirklich nicht. Manche Leser(innen) haben heimlich Wünsche und Träume, die sie nicht einmal einem Psychologen erzählen würden. Zum Beispiel die Journalistin, die in den Armen einer dämonischen Verführerin ihre heimliche Lust auf Frauen entdeckt. Ja, sogar die jungfräuliche Studentin, die sich einem reichen Mann zuliebe auf Sex und Schläge (BDSM) einlässt. Ich nehme an, dass dieses Buch inzwischen jede Frau kennt. In all diesen Romanen, Novellen und Kurzgeschichten zählt das Gefühl: „Oh, ich könnte an ihrer (seiner) Stelle sein – was würde das mit mir machen?“

Dialoge - offen und verdeckt

Sobald zwei Personen vorhanden sind und es um Freundschaft, Zuneigung, Liebe oder Sex geht, sind Dialoge ein gutes Mittel, um lebendiger zu schreiben. Dazu gehören nicht nur die Worte selbst, sondern auch, wo, wann und wie sie fallen. Zu Dialogen gehört auch Schweigen, die reine Körpersprache oder die Möglichkeit, solche Dialoge im Inneren zu führen, die von den Worten, die nach außen dringen, durchaus abweichen. Ein Zwiespalt, eine Provokation – alles ist möglich. Mach dir bitte um die Ethik solcher Dialoge keine Sorge – du schreibst von Menschen, für Menschen. Und sie alle haben ihre kleinen, schmutzigen Fantasien, die sie niemals zugeben würden – aber lesen würden sie wirklich gerne darüber.

Erstellt mit Unterstützung der Liebeszeitung und der Idee für systematisches Vorgehen vom "sehpferd".
Dies ist ein Beitrag aus der Artikelserie „Fühlen ist ein merkwürdiges Gefühl“. Du befindest dich im fünften Teil, indem wir auf Möglichkeiten der Kommunikation von Gefühlen eingehen, also darüber, wie man über Gefühle schreiben oder reden kann.

Dieser Artikel wurde in verständlichem Deutsch für Lehrende und Lernende geschrieben.

Die Liebe im Zeitgeist der 1950er-Jahre: Erich Fromm

Ich habe lange Zeit überlegt, ob ich Erich Fromm überhaupt in meinen Abhandlungen über die Liebe erwähnen sollte. Aber das Erscheinungsdatum (1956) lag mitten in der Zeit, in der kulturelle Neuerungen mit Argwohn betrachtet wurden. Und um diese Situation zu illustrieren, eignet sich das Werk des Psychologen, Soziologen und Philosophen Erich Fromm ganz vorzüglich.

Der Herr Fromm erklärt die Liebe

Erich Fromm wird immer dann erwähnt, wenn es um die soziologische Seite der Liebe geht. Der Grund war sein 1956 erschienenes Werk: „Die Kunst der Liebe“. Fromm geht dabei davon aus, dass die Gesellschaft den Menschen prägt und die Kultur im vorgibt, wie er sich zu verhalten hat.

Das ist nicht ungewöhnlich für diese Zeit. Fromms Werk über die Liebe trifft den Zeitgeist der 1956er-Jahre in Deutschland. Sowohl sozialistische wie auch konservative Denker versuchen, die Kultur, die sie vor dem Hitler-Regime kannten, in die neue Zeit hinüberzuretten. Die Idee war, genau bei dem Wertsystem wieder anzusetzen, das vor der schrecklichen Nazizeit gegolten hatte.

In Wahrheit war sein Buch eine kritische Abrechnung mit dem Zeitgeist der 1950er-Jahre. Die neuen, emanzipatorischen Bewegungen, insbesondere die der Jugend, waren vielen Autoren ein Dorn im Auge. Und wie viele andere auch, versucht Erich Fromm, die Menschen moralisch aufzubauen, indem er bei älteren Wertsystemen ansetzt. So erklärte er beispielsweise, manche Formen der Liebe seien höherwertig als andere. Die sinnliche Liebe empfindet er als „weniger wertvoll“ und bezichtigt, seine Zeitgenossen „etwas zu verwechseln“.

Ganz im Sinne der Zeit stellt Erich Fromm Forderungen an die Menschen, fordert ein, was sie denken sollen und wie sie fühlen sollen:

Die Liebe sollte im Wesentlichen ein Akt des Willens, des Entschlusses sein, mein Leben völlig an das eines anderen Menschen zu binden.

(Die Kunst des Liebens)

Was aber ist die erotische Liebe in diesem Konzept? Um dies zu erklären, bemüht Fromm einen Dualismus: Die „erotische Liebe“ sei weder etwas „Einzigartiges zwischen zwei bestimmten Personen“ noch sei sie „ein reiner Willensakt.“ Die Frage, was die erotische Liebe dann sei, bleibt allerdings offen.

Ein undiszipliniertes Gefühl soll gebändigt werden

Einer den Kerngedanken von Fromm war, dass Liebe sich nicht beliebige Freiheiten nehmen darf, sondern gewissen Standards entspreche muss. Wegen der großen Bedeutung der Liebe für die Gesellschaftsordnung, so Fromm, müssten wir Menschen uns darum bemühen, dieses Gefühl zu erlernen und zu beherrschen. Allerdings macht er es uns nicht leicht, denn der Moralist Fromm hat hohe Erwartungen an den Menschen. Er soll, um die Kunst der Liebe zu erlernen, vor allem Tugenden anwenden, die in der Liebe zunächst als absurd erscheinen. Seine Medizin heißt „Disziplin, Konzentration und Geduld“. Um seine Denkweise zu verdeutlichen, muss man seine Gleichnisse lesen, die man etwas flapsig als „Lehrjahre sind, keine Herrenjahre“ bezeichnen könnte, etwa, wenn er einen Liebeslehrling mit einem Tischlerlehrling vergleicht.

Ein Tischlerlehrling lernt zunächst einmal hobeln; ein angehender Pianist übt zunächst Tonleitern; ein Lehrling in der Zen-Kunst des Bogenschießens fängt mit Atemübungen an.

(Die Kunst des Liebens)

Bedauerlicherweise bleibt Fromm nebulös, wie eine derartige „Ausbildung“ stattfinden sollte – und vor allem, in welcher Lebensschule sie verfügbar ist oder nachgeholt werden kann.

Doch wie vertragen sich nun Disziplin Konzentration, Geduld und „Wichtigkeit“ als Zielvorstellungen mit der Liebe?

Liebe und Disziplin

Wir erkennen aus der Kombination unschwer, dass es Fromm schwerfällt, die Liebe leicht zu nehmen. „Disziplin“ steht im Deutschen gleichbedeutend mit Zucht („Zucht und Ordnung“). Wenn wir bei irgendetwas Disziplin üben müssen, haben wir das Gefühl eingeengt zu sein und gehorchen deshalb nur widerwillig. Im Grunde ist es darüber hinaus unnatürlich, Ziele ausschließlich durch „eiserne Disziplin“ zu erreichen, weil auch Neigung, Mut und Geschick dazugehören. Wer es einmal versucht hat, wird feststellen: Nur, wenn unsere Disziplin irgendeinen Erfolg zeigt, werden wir damit glücklich oder wenigstens zufrieden sein. Erfolge werden aber (außerhalb des Leistungssports) nicht ausschließlich, ja nicht einmal überwiegend, durch Disziplin erreicht. „Disziplin sollte ein Ausdruck des Wollens sein“, meint Fromm, und deshalb mag als Disziplin gelten, sich auch bei der Liebe Prioritäten zu setzen und Ziele zu verfolgen. Das ist in der Lebenspraxis schwer vorstellbar – auch bei sehr wohlwollender Betrachtung.

Liebe und Konzentration

Konzentration – auf Deutsch also etwa „sich einengen auf ein Thema“ ist für die Liebe interessant, weil diese Methode dann zum Ziel führt, wenn sie klug angewendet wird. Der Autor Gregor Philipp Lindner ersetzt das Wort in seinem Text 50 Jahre später durch „Aufmerksamkeit“ und wählt damit den besseren Begriff: „Wir gewinnen die Liebe durch Aufmerksamkeit und Interesse an den Belangen des Partners“. Das Wort „Konzentration“ will hier – aus heutiger Sicht – nicht mehr passen. Es steht derzeit eher für Erfolgskonzepte im Bereich der Persönlichkeitsentwicklung. (Beispiel in „The One Thing“).

Fromms Dilemma

Das Dilemma der Betrachtungen von Fromm wird in einem seiner letzten Sätze im angeführten Buch deutlich:

„Das Wesen der Liebe zu analysieren, heißt ihr allgemeines Fehlen heute aufzuzeigen und an den gesellschaftlichen Bedingungen Kritik zu üben, die dafür verantwortlich sind.“

(Die Kunst des Liebens)

Dem Ideal der Liebe, wie er sie sieht, stellt Fromm den Verfall gegenüber, den er schon 1956 zu erkennen glaubt. Doch sein Lösungsansatz geht nicht auf, den im liberalen Staat werden die gesellschaftlichen Bedingungen von Menschen verantwortet, nicht von Systemen.

Fromms Thesen werden zwar 50 Jahre später als „äußerst aktuell“ bezeichnet werden, aber diese Einschätzung beweist nur den Unsinn, der in Fromms Aussagen steckt. Kritik an den gesellschaftlichen Bedingungen verändert gar nichts, wenn die Bedingungen für den größten Teil der Menschen durchaus zufriedenstellend sind. Und die Unzufriedenen denken nicht im geringsten daran, ihre Liebespersönlichkeit in Ordnung zu bringen - sie wenden sich eher dem Hass zu.

Spätere Autoren haben aus ähnlichen Aussagen, die „Suche nach Liebe“ sei im Prinzip ein Irrtum, und unser heutiges Verhalten – zum Beispiel die Suche nach Liebe im großen Stil via Internet – sei deshalb verwerflich. Dieser Aspekt ist es Wert, aufgegriffen zu werden, erfordert aber eine recht genaue Analyse. Vorerst sind solche Aussagen nicht mehr wert als das übliche Meinungsgewirr.

Versteinerte Wissenschaften im 21. Jahrhundert?

Die Soziologie – nicht nur bei Fromm – ist eine der wenigen Wissenschaften, die beim Thema „Liebe“ gesellschaftliche Disziplin einfordert. Sie glaubt, zu wissen, was notwendig ist, um den Menschen zu vervollkommnen. Das Unvollkommene, das Werdende und Wachsende ist ihr suspekt, und sie ist geneigt, andere Auffassungen über die Liebe als „Irrtümer“ zu bezeichnen. Obgleich Soziologen die Liebe idealisieren, sehen sie ihre Zukunft pessimistisch – das ist heute (2024) ähnlich wie 1956, als Fromm die Kunst der Liebe veröffentlichte. Als abschreckendes Beispiel mag das 2009 erschienene überaus pessimistische Werk „Das Ende der Liebe“ gelten, in dem im Prolog zu lesen ist: „Die Liebe war eine Schwester der Freiheit. Nun reißt die Freiheit sie mit in den Tod.“ Dafür allerdings gibt es keine Anzeichen. Eher schon dafür, dass die Freiheit durch elitäre Definitionen von „Liebe“ eingeschränkt wird.

Probleme mit dem Fokus bei Fromm und anderen

Je genauer jemand versucht, die Liebe zu beschreiben, umso sicherer verfehlt er sein Ziel. Soziologen glauben, dem Anspruch der genauen Beschreibung verpflichtet zu sein – und vergessen dabei den Kern der Liebe, der absolut irrational ist. Die Liebe ist eben nicht tugendhaft, nicht diszipliniert, nicht eingeengt und nicht zähmbar wie ein Zirkustier.

Das bedeutet nicht, jeden Versuch aufzugeben, die Liebe zu beschreiben. Es mag sogar sehr wichtig sein, weil die Liebe nach wie vor viele Feinde hat, denn nicht nur die Soziologie bemächtigt sicher ihrer Definition. Als Feindin der selbstbestimmten Liebe gilt wahlweise der Sozialismus wie der Kapitalismus, die Freiheit wie der Zwang, die Frauenunterdrückung wie die Frauenemanzipation, der Katholizismus wie das Heidentum. Doch all dies hilft uns gar nichts: Wenn wir die Liebe definieren wollen, müssen wir bei uns selbst anfangen – und nicht in den jeweiligen Kathedralen der Besserwisserei.

Nach meinen neuesten Erkenntnissen (2024) versuchen Soziologen heute, sich stärker auf die „individuelle Liebe“ einzulassen und damit die natürlichen Bedürfnisse der Menschen einzubeziehen.

Erwähnte Schriften: Fromm, Erich: Die Kunst des Liebens. (Zuerst 1956 erschienen), Lindner, Gregor Philipp „Die individuelle Liebe“ (2010) und Hillenkamp, Sven „Das Ende der Liebe“ (2005 )Zum Vergleich auch: Gary Keller, · Jay Papasan „The One Thing“, 2013. Dieser Artikel wurde unter anderen Vorzeichen bereits bei sehpferd veröffentlicht.

Wir haben uns bei diesem Artikel bemüht, alles in verständlichem Deutsch zu schreiben. Er enthält allerdings Zitate aus einem Fachbereich oder nutzt ein entsprechendes Vokabular und wendet sich vor allem an Leserinnen und Leser, die ihr Wissen vertiefen wollen.